Hallo zusammen,
nachdem die Umstellung jetzt bei uns auch durch ist, hier mal ein Abschlussbericht:
Vorhanden war eine Agfeo AS45 an einem ISDN-Mehrgeräteanschluß im gewerblichen Umfeld. Täglich genutzt und absolut notwendig war die "Rufumleitung im Amt". Die muß aus Ablaufgründen so umgesetzt sein, dass an einem Telefon eine Taste gedrückt wird und dann dort eine Statusanzeige für jeden ersichtlich anzeigt, dass jetzt im Moment die Umleitung tatsächlich aktiv ist. App und Webinterface zur Steuerung der Umleitung wird ausdrücklich ausgeschlossen. Bei der Umleitung soll natürlich am Ziel der Umleitung die Telefonnummer des tatsächlichen Anrufers angezeigt werden. Daneben wird intensiv Fax genutzt. ISDN Fernwartung und Datenverbindungen wurde hauptsächlich zum Aufspielen der neuen Firmware auf Anlage und Telefone genutzt.
Das waren also die Randbedingungen.
Insgesamt findet man im Internet kaum Informationen, wie man diese "selbstverständlichen" Leistungsmerkmale in die VoIP-Ära übernimmt.
Ansätze gab es mehrere:
1) ISDN Anlage komplett raus und durch eine VoIP Anlage ersetzen: Asterisk plus z.B. Snom. Das ist dann aufgrund des Aufwandes, eine nicht vorhandene LAN-Verkabelung nachzurüsten verworfen worden.
2) Mediagateway Patton: Furchtbar kompliziert zu konfigurieren und ich habe es nicht hinbekommen, dass die Anfrage der Anlage nach einer Rufumleitung im Gateway zu irgendwas sinnvollem umgesetzt wird und die Anlage darüber hinaus auch eine ISDN-Statusmeldung zurück erhält.
3) Mediagateway Audiocodes: Sehr schlechte Verfügbarkeit, extrem teuer und alle technischen Daten werden wie Staatsgeheimnisse behandelt. Man kann sich auf der Support-Seite nicht einmal anmelden, wenn man nicht persönlich ein Gerät besitzt, für welches noch Suppurt geleistet wird.
4) Agfeo: LAN-Modul 509: Unterstützt kein T.38. Unterstützt kein "Clip No Screening". Und Rufumleitungen soll man bitteschön per Kennziffern beim Provider aktivieren, wobei man dann natürlich wieder keine Statusanzeige hat. Insgesamt war der Agfeo Support sehr kurz angebunden und auch wenig hilfreich. Wenn man dann in Betracht zieht, was das LAN-Modul alles *NICHT* kann, fällt die Entscheidung eigentlich leicht, kein Geld in diese "Krücke" ohne wirklichen Mehrwert zu investieren.
5) Fritzbox: Nicht so furchtbar teuer und man findet im Netz immer wieder mal den Hinweis, dass das mit der Rufumleitung per ISDN-Merkmal/Menü (also nicht per Kennziffern) bei irgendweinem Bekannten angeblich funktionert. Dokumentiert ist das allerdings nirgendswo. Also Fritzbox gekauft und ausprobiert. Wenn man nun eine Rufumleitung im Amt aktiviert, wird diese tatsächlich in der Fritzbox angelegt! ABER: Man hat zwar die Rufumleitung aktiv, die Fritzbox sendet aber keine Bestätigung an die Anlage zurück. Also wartet die Anlage auf die Bestätigung und bricht dann irgendwann mit einem Timeout ab. Man hat also keine Status-Anzeige, und löschen lässt sich die Umleitung auch nicht mehr, da die Anlage ja immer davon ausgeht, dass noch gar keine Umleitung aktiv ist. Ich habe beim AVM Support angerufen, und die haben mir nach langem hin und her erklärt, dass das genau so gewollt ist. Aha.
Dann habe ich aber in der Agfeo "Partial Rerouting/Call Deflection" aktiviert, also quasi Umleitung in der Anlage, und zusätzlich Clip-No-Screening. Für "Umleitung in der Anlage" gibt es auch eine LED/Status Anzeige am Telefon. Das ist eigentlich ein Anlagen-Anschluss Feature, aber die Agfeo unterstützt das auch für Mehrgeräteanschlüsse. Und tatsächlich unterstützt die Fritz!BOX wohl ebenso vollständig PR/CD am Mehrgeräte-Anschluss. Das ist aber ebensowenig dokumentiert. Das Gute daran ist, dass sobald die Rufumleitung pro Anruf initiiert wird, wieder beide B-Kanäle zwischen Fritzbox und Agfeo freigegeben werden. Hat man also mehr als 2 VoIP-Kanäle und telefoniert gerade per Rufumleitung, dann kann man mit der Agfeo immernoch Faxe empfangen oder raustelefonieren, weil der ISDN-Bus zur Anlage ist ja frei.
Die finale Lösung ist also folgende:
-VoIP Anbieter, der Clip-No-Screening unterstützt mit 4 Sprachkanälen
-Agfeo AS45 bleibt
-Fritzbox ausschließlich als "ISDN Adapter", der ISDN auf SIP umsetzt und auch mit dem Umleitungsszenario ordentlich umgehen kann. Fritzbox als Router kommt nicht in Frage!
-Vor der Fritzbox ein Raspberry Pi mit Asterisk, um ein bißchen Telefonnummern-Mapping zu machen und einen anderen Standort mit einzubinden. Geht wahrscheinlich auch ohne Asterisk, ich habe aber genügend Erfahrung damit, und bevor ich mich lange damit rumärgere die Fritzbox so hinzubiegen was Rufnummern-Mapping angeht, habe ich das schneller im Asterisk gemacht.
-T.38 ist (aus Faulheit) nicht aktiviert, obwohl sowohl Asterisk und Fritzbox das unterstützen würden. Es funktioniert aber trotz des hohen Faxaufkommens überraschender Weise auch so extrem stabil. Bis jetzt keine Beschwerden.
-"Clearchannel" zur Fernwartung und ISDN Datenübertragung habe ich nicht zum Laufen bekommen. Was, wenn ich mich recht erinnere, hauptsächlich daran liegt, dass der Asterisk den "Codec" nicht unterstützt. Gibt jetzt halt keine Updates für die Anlage mehr. Braucht's auch nicht, und eigentlich ist die AS Serie ja eh End-of-Life.
-"Busy-on-Busy" läßt sich in der Kombination Agfeo/Fritzbox sauber umsetzen.
Damit sind wir jetzt erstmal glücklich, alles ist wie vorher und billiger ist es auch. Und von der Telekom sind wir auch weg.
Gruß,
El Taco